Ich boykottiere die WM in Katar nicht!
Übermorgen startet die Fußball-Weltmeisterschaft 2022. Und noch nie hatte ich weniger Interesse an einem großen Turnier als dieses Mal. Boykott? Nicht nötig. Ob da wer spielt oder nicht, ist mir mittlerweile komplett egal.
Dabei bin ich durchaus fußballverrückt. Seit frühester Kindheit liebe ich diesen Sport – als Fan, als Spieler, später als Jugendtrainer und mit anderen Funktionen in Vereinen. Wenn jemand wie ich keine Lust auf eine WM hat, muss schon verdammt viel schiefgelaufen sein.
Ich will jetzt nicht die Argumente wiederholen, warum es ein Skandal ist, in einem Staat wie Katar ein solches Turnier abzuhalten – wir alle kennen sie, und mittlerweile wird wohl auch kaum jemand noch der Meinung sein, diese WM-Vergabe sei eine gute, schlaue oder wenigstens korrekte Entscheidung gewesen. Die FIFA hat sich in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt als korrupter Haufen präsentiert, und wer dachte, dass sich mit dem Abtritt von Sepp Blatter als Chef des Verbands etwas ändert, muss längst einsehen, dass alles noch viel schlimmer wurde. Gianni Infantino hat zwar die WM-Vergabe an Katar nicht zu verantworten, aber er lässt keinen Zweifel daran, dass er – übrigens im Gegensatz zu Blatter – kein Problem mit einem Herbstturnier in einem arabischen Mini-Emirat hat. Solange das Geld stimmt, ist alles andere eben eine Sache der Perspektive. Und die sieht sonnig aus für Infantino, der dem schweizer Schmuddelwetter bereits vor einem Jahr entkommen ist und jetzt wo lebt? Genau, in Katar.

Ist es also ein Wunder, wenn Menschen, die den Fußball grundsätzlich lieben, keine Lust auf dieses Turnier haben? Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass es mir nicht allein so geht. Diese Weltmeisterschaft ist ein Witz, über den ich nicht lachen kann. Obwohl, heute musste ich doch etwas gniggern… Katar hat kurz vorm Start seine Zusage, Bier wenigstens im Stadion zu verkaufen, einkassiert und die FIFA somit am Nasenring durch die Manege geführt. Wenn das Emirat bereits bei solchen halbwegs harmlosen Zugeständnissen auf stur schaltet – nein, ich möchte mir nicht vorstellen, wie es zum Beispiel um die “Sicherheitsgarantie” aussieht, die Katar Homosexuellen – wohlgemerkt, nur für die Dauer des Turniers – gibt.
Ich bin froh, dass der kleine Fußball, regional und lokal, während dieser Farce-WM nicht pausiert. Vielleicht hat es ja auch sein Gutes, und einige Fans kehren dem “Big Business” den Rücken und schauen stattdessen mal öfter bei den Klubs in ihrer Nachbarschaft vorbei? Toll wäre es, aber ich glaube nicht daran.
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